Archiv
2023
In memoriam Prof. Hermann Pitters (1932-2023)
Nachruf von Karl Schwarz
Ein „Kirchenhistoriker mit großem Herzen“ wurde er genannt, der emeritierte Kirchenhistoriker am Theologischen Institut in Hermannstadt/Sibiu/Nagyszeben in Siebenbürgen Prof. Hermann Pitters. In der Nacht zum 23. Dezember 2023 hat es zu schlagen aufgehört, ist er friedlich eingeschlafen. Er war für uns ein ganz wichtiger Gesprächspartner, ob es nun um Fragen der Siebenbürgischen Kirchengeschichte ging oder den orthodox-lutherischen Dialog, die aktuelle politische Situation in Rumänien und das Engagement des Demokratischen Forums.
Hermann Pitters ist am 25. Jänner 1932 in Schässburg/Sighişoara/Segesvár als Pfarrersohn geboren, wuchs aber in Hermannstadt auf, absolvierte das pädagogische Lehrerseminar in Schässburg und anschließend 1951-1955 das Studium der Theologie in Klausenburg/Cluj-Napoca/Kolozsvár. Nach pastoraler Tätigkeit in der Kirchengemeinde Zied im Kirchenbezirk Hermannstadt wurde er schon 1960 am Lehrstuhl für Praktische Theologie und nach erfolgter Promotion 1969 als Dozent und später Professor für Kirchengeschichte tätig. Er war ein begnadeter Lehrer, dem die Vermittlung theologischer Inhalte am Herzen lag. Als Dekan leitete er das Theologische Institut von 1986 bis zu seiner Emeritierung 1998 – in einer vom politischen Umbruch gezeichneten Ära, in der er an der Gründung des Demokratischen Forums beteiligt war. Er blieb auch nach seiner Emeritierung dem Professorenkollegium erhalten und supplierte weiterhin kirchengeschichtliche, praktisch-theologische oder ökumenische Lehrveranstaltungen. Wissenschaftlich tätig blieb er bis zuletzt. In den wissenschaftlichen Diskurs brachte er sich mit Nachdruck ein, als es galt Brücken zwischen der Orthodoxie und dem Protestantismus zu bauen. In den orthodox-lutherischen Lehrgesprächen war er von allem Anfang an dabei, da konnte man sein theologisches Herz klopfen hören. Mit der Übersetzung der dreibändigen Orthodoxen Dogmatik von Dumitru Stăniloae (1903-1993) ins Deutsche (1985-1995) hat er diesen Dialog befruchtet und zahlreiche Studierende nach Hermannstadt gelockt, um sich solchen dogmatischen und ökumenischen Themen zu widmen. Sie fanden in Hermann Pitters einen anregenden Mentor und Dolmetscher der orthodoxen Theologie. Die Theologische Fakultät in Bukarest verlieh ihm ehrenhalber ihren Professorengrad und am Abend seines Lebens wurde er für sein ökumenisches Wirken mit dem theologischen Ehrendoktorat der Ovidius-Universität Konstanza ausgezeichnet.
Im Rahmen der von ihm mitgegründeten Evangelischen Akademie Siebenbürgen hat er im Bernd-von-Haeften-Haus in Neppendorf/Turnişor/Kistorony bis zuletzt das Wort genommen, am Symposium zum 100. Geburtstag von Paul Philippi (1923-2018) am 21.11.2023 hielt er das zentrale Referat über dessen theologische Prägung. Am Südostmitteleuropäischen Fakultätentag für evangelische Theologie (SOMEF) hat er seit dessen Gründung 1996 Anteil genommen und das Institut für Kirchengeschichte des Donau- und Karpatenraumes in Pressburg/Bratislava in seiner Tätigkeit begleitet. Ganz besonders berührt hat mich, dass er, als er kurz vor seinem Sterben die Namen niederschrieb, mit denen er freundschaftlich verbunden war, ausdrücklich seine Verbundenheit mit Wien hervorhob.
In großer Dankbarkeit verbeugen wir uns vor diesem liebenswürdigen, gütigen und zutiefst bescheidenen Lehrer. Ihm gilt unser stetes und treues Gedenken. R.i.p.
2022
In memoriam Prof. Dušan Ondrejovič (1930-2022) - Nachruf von Karl W. Schwarz
Aus Senec erreicht uns die Nachricht, dass der langjährige Professor für Religionistik an der Evangelisch-Theologischen Fakultät der Comenius-Universität in Bratislava Prof. ThDr. Dušan Ondrejovič 92jährig verstorben ist. Mit ihm ist der letzte Vertreter einer Professorengeneration von uns gegangen, die neben ihrer Lehr- und Forschungstätigkeit an der Universität mit der Geschäftsführung eines Pfarramtes beauftragt war. Seine Beziehungen zu Wien waren sehr herzlich, insbesondere zum Theologenheim in der Blumengasse. Dort war er als erster Student aus der Slowakei einquartiert, als er das Studienjahr 1957/58 in Wien zubrachte.
25 Jahre später nahm er im neuen Theologenheim an Herder-Gesprächen teil, die unser gemeinsamer Freund, der damalige Studieninspektor Pfarrer Ernst Hofhansl organisierte und im Dezember 1983 Teilnehmer aus Thüringen, der Slowakei und Österreich zusammenführte. Diese Konferenz im Zeichen des Weimarer Generalsuperintendenten Johann Gottfried Herder war sogar imstande, den Eisernen Vorhang ein Stück weit zu öffnen und das Wiener Theologenheim in einen Knotenpunkt im „Wegenetz europäischen Geistes“ zu verwandeln. Ich habe noch vor Augen, wie sehr sich Dušan Ondrejovič über dieses Wiedersehen freute, aber auch über das Thema, denn der Theologe und Philosoph Herder spielte in der Geschichte des slowakischen Luthertums eine bedeutende Rolle. Diesem Einfluss ist Ondrejovič in einigen seiner Publikationen nachgegangen und davon hat er auch berichtet: über die Bedeutung Herders und der Salana-Universität in Jena für die lutherischen Slowaken. Für den Konfirmandenunterricht hat Herder eine ausführliche Auslegung von Luthers Kleinem Katechismus geschrieben, die am Beginn des 19. Jahrhunderts ins Slowakische übersetzt wurde.
Ich verdanke Professor Ondrejovič, dass ich durch seinen Vortrag angeregt zu Herders Ideen zur Philosophie der Geschichte der Menschheit gegriffen habe und sein Slawenkapitel durchgelesen habe. Erst der Freund aus Bratislava hat mir die Augen geöffnet für die Schönheit dieser nachdenklichen Weisheit. Ich verdanke ihm aber noch viel mehr, denn er hat mir auch die Schönheit seiner Heimat gezeigt, er hat mein Interesse für diese einzigartige Kulturlandschaft geweckt und mich auf meinen Erkundungsfahrten auf den Spuren von Karol Kuzmány und Ján Kollár begleitet und mich bei meinen einschlägigen Arbeiten unterstützt. An der Arbeit des Instituts für Kirchengeschichte des Donau- und Karpatenraumes hat er stets Anteil genommen.
Nach seinem Vortrag bei den Herder-Gesprächen nahm er noch dreimal in Wien das Wort: zu zwei Gastvorlesungen über die Unionsversuche im 19. Jahrhundert und über Religionsfreiheit und Staatskirchenrecht in der Slowakei, schließlich im Oratorium der Österreichischen Nationalbibliothek über die Matica Slovenská in Turčianský Svätý Martin und deren Exponenten Štefan Moyzes, den katholischen Bischof, und seinen evangelischen Amtsbruder Karol Kuzmány.
Kuzmány und Kollár wurden vor einigen Jahren ein Symposion an der Universität Wien gewidmet. Prof. Ondrejovič war damals dabei, als im Arkadenhof der Alma Mater Rudolfina zwei Gedenktafeln enthüllt wurden, die an diese beiden Söhne des slowakischen Volkes erinnern. Sie werden das tun, solange diese Universität bestehen bleibt. Und sie werden auch ein bisschen davon künden, dass es zwischen Preßburg und Wien, zwischen den lutherischen Kirchen und den Theologischen Fakultäten Brücken gibt, die Bestand haben, deren Tragfähigkeit erwiesen ist, die sich bewährt haben im Laufe vieler Jahre.
Ein Stück dieser Brücke war Dušan Ondrejovič. Er hat diese Verbindung zwischen Wien und Bratislava verkörpert und war in vielen Jahren gemeinsamer Weggenossenschaft der Gesprächspartner für viele der Wiener Kolleginnen und Kollegen, Pfarrerinnen und Pfarrer, für den Kreis der im SOMEF verbundenen theologischen Ausbildungsstätten. Dafür werden wir ihm stets dankbar sein und seine Erinnerung in Ehren halten. R.i.p.
Karl W. Schwarz
2018
In memoriam Igor Kišš (1932-2018)
Aus Bratislava erreicht uns die traurige Nachricht, dass der emeritierte Professor für Systematische Theologie Dr.h.c. ThDr. Igor Kišš am Montag 15. Jänner 2018 verstorben ist. Bis zuletzt mit wissenschaftlichen Arbeiten befasst hat ihn zuletzt sein Herz im Stich gelassen und zu schlagen aufgehört. Im vergangenen Jahr hat er für eine Kirchenzeitung regelmäßig Beiträge zum Reformationsjubiläum geschrieben und versucht, die Theologie Luthers allgemein und populär darzustellen. Als Lutherforscher war er über die Grenzen seines Landes bekannt, zur lutherischen Zwei-Reiche-Lehre entwickelte er ein Diagramm, das als erhellend empfunden und in den einschlägigen Artikeln in der TRE und RGG zitiert wurde, worüber er sich sehr freute.
Die Freude und der Humor waren ständige Begleiter auf seinem Lebensweg, der ihn vom Schulhaus in Uhrovec, wo Ljudevít Stúr und Alexander Dubcek vor ihm aufgewachsen sind, über Trenčin 1950 nach Bratislava zum Studium der evangelischen Theologie führte. Er wurde infolge des politischen Drucks für die Dauer von zwei Jahren vom Studium ausgeschlossen, konnte es aber 1956 abschließen. Als Pfarrer wirkte er an verschiedenen Orten in der Slowakei, 1975 wurde er promoviert, 1980 zum Dozenten ernannt, aber 1987 zum zweiten Mal von der Fakultät ausgeschlossen und mit Publikationsverbot belegt. 1991 kehrte er als Dozent wieder zurück, wirkte beim Aufbau des Religionsunterrichts und der bilingualen evangelischen Gymnasien in Bratislava, Tisovec, Banská Bystrica und Košice sowie 1994/95 bei der Gründung einer Militärseelsorge in der slowakischen Armee mit. Als Mitglied des Verteidigungsministeriums besuchte er das Pentagon in den USA und verschiedene Militärbasen der amerikanischen Armee in Amerika und Deutschland. 1997 wurde er zum Professor an der evangelisch-theologischen Fakultät der Comenius-Universität ernannt und übernahm in der Folge auch das Dekanat 1997-2003. Als Dekan hat er sich für die Übersiedlung und Beheimatung des Instituts für Kirchengeschichte des Donau- und Karpatenraumes an seiner Fakultät eingesetzt.
An der Arbeit des Südostmitteleuropäischen Fakultätentages (SOMEF) nahm er von Beginn an lebhaften Anteil. Auf seine Initiative fanden in Bratislava regelmäßig Kolloquien für den wissenschaftlichen Nachwuchs statt, wo Diplomanden und Dissertanden die Möglichkeit gegeben wurde, über ihr jeweiliges Forschungsthema zu berichten und sich darüber auszutauschen. Das hat ihn unter den Studierenden sehr beliebt gemacht, wie er ja auch von den Kollegen im In- und Ausland sehr geschätzt wurde. Zum 70. Geburtstag wurde ihm eine Festschrift gewidmet, die die Freude an der Theologie thematisiert. 21 Beiträge variieren darin das Thema in großer Vielfalt. Setzte auch seiner Lehrtätigkeit die Altersgrenze ein Ende, so blieb er als Referent und als Opponent bei akademischen Prüfungen, Rigorosen, Akkreditierungen bis 2017 aktiv.
An besonderen Auszeichnungen, die ihm zuteil wurden, seien hier erwähnt: das Ehrendoktorat der Matej-Bel-Universität in Banská Bystrica (2013) und das Österreichische Ehrenkreuz für Wissenschaft und Kunst I. Klasse (2004), dessen Rosette er stets trug, wann immer ich ihm begegnet bin.
Nun hat ihn Gott heimgeholt und wir wünschen dem teuren Verstorbenen, dass er nun endlich im Himmel das Gespräch mit jenen von ihm so geschätzten Personen führen kann, um deren theologische Einordnung auf Erden sein besonderes Anliegen war: Martin Luther, Konrad Cordatus, Jan Amos Comenius, Paul Tillich, aber auch Kyrill und Method und Teilhard de Chardin. - R.i.p.
Karl W. Schwarz
2017
Budapest
Der zehnte Kongress fand auf Einladung der Károli Gáspár Universität in Budapest vom 1.-4. Juli 2017 in Budapest statt.
2015
Professor ThDr. Pavel Filipi
Gründungsmitglied des SOMEF, verstarb in den frühen Morgenstunden des 28. Dezember 2015 im Alter von 79 Jahren in Prag (Todesanzeige, Nachruf, Ansprache des Vorsitzenden Karl W. Schwarz bei der Beerdigung).
Pressemitteilung
Der Südosteuropäische Fakultätentag für evangelische Theologie (SOMEF) wählte bei seinem 9. Kongress in Prag am 4. Juli 2015 den Wiener Kirchenrechtler Univ.-Prof. Dr.Dr.h.c. Karl W. Schwarz, Ministerialrat im Kultusamt, zu seinem Vorsitzenden. Er folgte dem emeritierten Kirchenhistoriker Univ.-Prof. Dr. Wolfgang Wischmeyer nach, der den Fakultätentag, eine Arbeitsgemeinschaft theologischer Ausbildungsstätten reformatorischer Prägung im südostmitteleuropäischen Raum, seit 1998 leitete.
Der Fakultätentag wurde 1996 anlässlich des 175-Jahr-Jubiläums der Wiener Evangelisch-theologischen Fakultät gegründet, er stellt sich zur Aufgabe, den wissenschaftlich-theologischen Austausch zwischen den beteiligten Fakultäten und Hochschulen zu vertiefen, insbesondere die religionsrechtlich und -geschichtlich relevanten Veränderungen in den jeweiligen Ländern und Gesellschaften zu beschreiben und zu analysieren, sowie in zweijährigen Abständen einen Fachkongress zu veranstalten.
Der 9. Kongress in Prag stand im Zeichen des Gedenkens an Jan Hus, der an der Alma Mater Carolina Pragensis lehrte,ihr zeitweise als rector magnificus vorstand und ihre Profilierung im Sinne der böhmischen ("ersten") Reformation betrieb. Der 10. Kongress wird 2017 in Budapest, der 11. Kongress 2019 wieder in Wien stattfinden. Leiter des Vorbereitungsteams ist der langjährige Generalsekretär Univ.-Prof. Dr. Robert Schelander, Religionspädagoge an der Wiener Evangelisch-theologischen Fakultät.
2013
Sárospatak
Auf Einladung der Reformierten Theologischen Hochschule Sárospatak fand der achte Kongress 2013 in Sárospatak zum Thema "Kirche und Universität seit der Wende" statt. Ein Bericht findet sich hier: http://tirek.hu/hir/mutat/35940/
2011
Budapest/Révfülöp
"Das Erbe des Sozialismus und die gegenwärtigen Herausforderungen einer theologisch-verantworteten Wirtschaftsethik."
2009
Hermannstadt/Sibiu
"Die Bibel als Herausforderung von Kirchen und Gesellschaft. Der protestantische Beitrag in einem ostkirchlichen Umfeld."
2007
Debrecen/Berekfürdö
Debrecen/Berekfürdö
"Nicht unter dem Scheffel! Theologie heute". Fünfte Konferenz des SOMEF vom 5. - 8. Juli 2007 in Debrecen/Berekfürdö.
2005
Bratislava
Vierte Konferenz des SOMEF unter dem Titel "Theologische Ausbildung an protestantischen Fakultäten Südostmitteleuropas" vom 30. Juni bis 4. Juli 2005 in Bratislava.
→ Bericht über den SOMEF Kongress 2005 in Nasa Univerzita
2004
Studentensymposium
Zweites Studentensymposium vom 5. - 7. April 2004 in Bratislava.
https://somef.univie.ac.at/archiv/zweites-studentensymposium-mit-diplomarbeiten/#c39852http://www.univie.ac.at/etf/etf/rp/index.htm
2002
2002
Dokumentation des Diplomandensymposium in Bratislava (März 2002)
1996
Wien
"Zukunft des Protestantismus"